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Die Rockerbox war gestern

Hallo Rockerfork!

Unser 300-mm-Newton-Teleskop, ein Dobson von GSO, den wir scherzhaft den „Leviathan“ nennen, ist die Wiederanschaffung eines Gerätes, das ich vorher einmal verkauft hatte. Für den alten Vorgänger konstruierte ich im Jahr 2005 eine azimutale Montierung, der ich inzwischen den Namen „Rockerfork“ gegeben habe.

Gleich nach dem Aufbau des Teleskops gingen mir mehrere Dinge durch den Kopf, die ich an dem Gerät teils für verbesserungsfähig, teils aber auch für einfach schöner hielt. Zwar sagte schon der alte Fraunhofer: „(Meine) Teleskope sind zum Durchsehen, nicht zum Ansehen“, doch bin ich da etwas anders geartet. Manch einer mag mit seinem aus Aluminiumstangen und Holzbrettern zusammengebratenen Gitterrohr-Dobson zufrieden sein – der alte Tom dagegen will sein Fernrohr auch anschauen und sagen können: „Ja, sieht dufte aus!“   

Die große furnierte Spanplattenkiste, die als Montierung dient, machte mir Sorgen. Es wäre sicher nur eine Frage der Zeit, bis sich das Kunststofffurnier in der feuchten Wiese zu verabschieden beginnt und das Spanholz aufquillt. Außerdem war die Kiste, die „Rockerbox“, zu niedrig. Selbst bei Zenitbeobachtung musste ich mich bücken. Es musste ein Eigenbau her, der um etwa 30 cm höher war, und der auch nicht die derbe, kastige Erscheinung bot wie die klassische Dobson-Montierung.

Mit dem 8x50 Sucher ist der Tubus vorne außerdem zu schwer. Mit einem 2"-Okular senkt der Leviathan müde das Haupt. Die Federn, die das verhindern sollten, waren trefflich geeignet, um Macken und Kerben zu verursachen und sich die Fingerkuppen zu quetschen. Ziel: Die Federn mussten weg, und ein 6x30-Sucher musste her.

Also auf ans Reißbrett. Die Konstruktion der Montierung bedarf der größten Sorgfalt, sowohl bei der Planung als auch bei der Ausführung. Die Idee war eine Gabelmontierung, die nach dem Dobson-Prinzip funktioniert. Wie man sieht, ist die Gabel vorne und hinten offen, sodass das Teleskop in der Montierung „durchschlagen“ kann. Das bedeutet, dass die beiden Gabelarme nicht wie bei der mitgelieferten Rockerbox durch eine quer eingebaute Platte ausgesteift werden können. Diese Versteifung musste also komplett nach außen verlegt werden, und zwar in Form von jeweils zwei senkrechten Rippen an den Außenflanken der Gabelarme. Auch wenn sie nicht die Schönste ist, so ist die klassische Dobsonmontierung doch ein Musterbeispiel für eine optimale Kombination aus Einfachheit und Effizienz, was spätestens beim zweiten Problempunkt klar wird: Der Verscherung der beiden Gabelarme zueinander, wenn man das Teleskops in Azimut schwenkt. Sie wird bei der Dobsonmontierung durch sehr breite Flanken und eine mehr als 60 cm durchmessende, kreisförmige Grundplatte unterbunden. Die geplante Gabel des Kolosses ähnelt eher den Gabelmontierungen bekannter SC-Teleskope, hat also recht schlanke Gabelarme. Zudem ist ein Newton viel länger als ein SC, greift also mit einem viel größeren Moment an den oberen Gabelenden an. Hierdurch, und das darf als Knackpunkt bei der Planung der Gabel angesehen werden, tritt eine enorme Verscherung der beiden Gabelarme auf. Wie kann diese Verformung unterbunden werden? Die Lösung ist ein „Torsionskasten“ als horizontales Gabelelement. Um aber die aus der Verscherung der Gabelarme auftretende Torsion aufzunehmen, muss dieser Kasten allseitig kraftschlüssig umschlossen sein. Zusätzlich habe ich ihn mit weiteren Rippen, sowohl innen als auch außen, versehen. Nun konnten auch wesentlich kleinere Drehteller für die Bewegung in Azimut verwendet werden. Sie sind nur wenig größer als das mitgelieferte Industrie-Rollenlager.

Die meisten Teile bestehen aus 18 mm dicken Tischlerplatten. Hier sind Multiplexplatten die deutlich bessere Wahl, doch damals hatte ich die Tischlerplatten schnell zur Hand. Die Stativbeine wurden aus 40 mm dicken Buchenholzrundstäben hergestellt. Die Stativfüße sind Türstopper aus dem Baumarkt. Alle Elemente der Gabel wurden verleimt und mit Schnellbauschrauben zusammengeschraubt, danach geschliffen und zweimal lackiert, einmal mit einem schwarzen Untergrund und danach mit einem anthrazitfarbenen Hammerschlaglack. Mit Alu-Sprühlack aus der Dose wurden die Stativbeine „veredelt“. Mit den Gradskalen an den Höhenrädern und dem Azimut-Teller kann man, eine entsprechend sorgfältige Aufstellung des Teleskops vorausgesetzt, ein Objekt am Himmel sogar nach Horizontalkoordinaten einstellen. Die Hauptfunktion der Scheiben auf den Höhenrädern ist aber folgender: Durch die mitgelieferten Schrauben, mit denen vorher die Bremsfedern befestigt wurden, werden die Scheiben leicht an die Höhenräder angezogen und bewirken eine leichte Klemmung an den Gabelenden, sodass der Tubus bei Verwendung schwerer oder besonders leichter Okulare nicht in Bewegung gerät. Eine Verbesserung muss ich hier jedoch noch anbringen: Die Azimutskala sollte auf dem unteren Teller und die Pfeilmarkierung auf dem oberen Teller sein. Dann würde der Pfeil nämlich immer relativ zum Tubus und damit auch zum Beobachter stehen. 

Auf dem zweiten Bild sieht man eine weitere Version der Rockerfork, die ich 2015 für den 200-mm-f/5-Newton herstellte. Sie enthält die angesprochene Verbesserung in der Azimutskala. Zudem besteht sie aus Birken-Multiplex, einem wesentlich formbeständigeren Baumaterial. Beide Rockerforken laufen sanft und geschmeidig wie eine klassische Dobsonmontierung. Sie stellen damit zwar keine Verbesserung dar, doch sieht ein Dobson damit um einiges edler aus, wie ich finde.

 

 

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