Aldi-Redux
Dieser Fall hatte etwas von Kaspar Hauser. Hier handelte es sich zwar
bloß um ein Teleskop, aber einem Sterngucker tut es schon irgendwo in
der Seele weh, wenn er erfährt, dass ein Fernrohr nur zu dem Zweck
angeschafft wurde, um als Zierstück im Treppenhaus eines Wohnhauses zu
stehen, wobei es durch die dort vorherrschende Feuchte recht bald
unbrauchbar wurde, weil die Beschichtungen beider Spiegel mehr und mehr
korrodierten und unbrauchbar wurden.
Als das Gerät
schließlich auf den Dachboden gebracht wurde, wo es traurig vor sich hin
verstaubte, schien es, als würde es niemals zum Sternegucken verwendet
werden. Bis der alte Tom kam und es auslöste.
Das
Gerät war ein 76/700-mm-Newton, wie ich selbst einst einen besaß, und
stammte aus einem bekannten Verbrauchermarkt. Nein, nicht aus Lidl oder
Norma, sondern aus dem Aldi. Zwar war sein Tubus noch in der guten,
alten Metallbauweise hergestellt worden, doch seiner azimutalen
Montierung fehlte bereits die Azimut-Feineinstellung. Für das
Montierungs- und Stativ-Gelump
hatte ich keine Verwendung, also weg damit. Ich hatte da nämlich noch
zwei Rohrschellen, die genau passten. So konnte der Newton wenigstens
parallaktisch montiert werden.
Allein, dies nützte ihm noch nichts, denn seine Optik war verdorben. Im
Ersatzteillager fand ich noch den Fangspiegel eines ausgeschlachteten
Schwesterschiffs und baute ihn ein. Es war bemerkenswert, wie viel vom
Tubusende um den Hauptspiegel herum im Fangspiegel sichtbar war. Nach
dem Vermessen des Teleskops ergab sich, dass hier ein 93-mm-Spiegel
hineinpassen würde, und das dann immer noch genügend Abstand zum
Tubusrand vorhanden wäre. Kurzerhand nahm ich Kontakt zu Chris Plicht
auf, der mir den entsprechenden Spiegel schliff. Ich verwendete die alte
Hauptspiegelfassung weiter, deshalb musste der Spiegel einen Zentimeter
weiter Richtung Fangspiegel sitzen. So kam es, dass der neue Spiegel
eine Brennweite von 690 mm erhielt. Noch ein wenig am Tubus
herumgefeilt, und schon war das seitliche Loch groß genug für einen
1-1/4''-Okularauszug. Der sieht an der schmalen Röhre zwar recht wuchtig
aus, doch hat er freilich klare Vorteile gegenüber dem alten
24,5-mm-Auszug.
Der Spiegel gelang Chris vortrefflich, und beim Venustransit 2004 konnte
das Instrument bei einer öffentlichen Vorführung zeigen, was es drauf
hat. Tatsächlich sagten viele Sterngucker, die an dem Tag anwesend
waren, dass sie den Anblick im Aldi-Redux von der Schärfe und dem
Kontrast her am besten fanden. Also dann, Danke noch einmal an Chris
Plicht für den tollen Spiegel!
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