Die
Gabel des Kolosses
Gleich
nach dem Aufbau des 300mm-Newtons, ein Dobson von GSO, gingen mir
mehrere Dinge durch den Kopf, die ich an dem Gerät teils für
verbesserungsfähig, teils aber auch für einfach schöner hielt. Zwar
sagte schon der alte Fraunhofer: „(Meine) Teleskope sind zum
Durchsehen, nicht zum Ansehen“, doch bin ich da etwas anders geartet.
Manch einer mag mit seinem aus Aluminiumstangen und Holzbrettern
zusammengebratenen Gitterrohr-Dobson zufrieden sein – der alte Tom
dagegen will sein Fernrohr auch anschauen und sagen können: „Ja,
sieht dufte aus!“ Im Einzelnen kam ich also auf folgende Punkte:
1)
Die große furnierte Spanplattenkiste, die als Montierung dient, machte
mir Sorgen. Es wäre sicher nur eine Frage der Zeit, bis sich das
Kunststofffurnier in der feuchten Wiese zu verabschieden beginnt und das
Spanholz aufquillt. Außerdem war die Kiste zu niedrig. Selbst bei
Zenitbeobachtung musste ich mich bücken. Es musste ein Eigenbau her, der um
etwa 30 cm höher war, und der auch nicht die langweilige, trödelige
Erscheinung bot wie die klassische Dobson-Montierung.
2) Mit dem 8x50 Sucher
war der Tubus vorne zu
schwer. Mit einem 2"-Okular senkte DIDO (der
DIcke
DObson)
müde das Haupt. Die Federn, die das verhindern sollten, waren trefflich geeignet, um Macken und Kerben zu verursachen und sich
die Fingerkuppen zu quetschen. Ziel: Die Federn mussten weg, und ein 6x30-Sucher musste her.
3) Bei mir haben sich die Leuchtpunktsucher zum Auffinden von Objekten immer bewährt.
Mit einem solchen wird ein Objekt angepeilt, und dann wird mit dem 6x30 „feingesucht“.
Ziel war also hier: Es musste ein zweites Sucherböckchen angebaut werden, damit der Leuchtpunktsucher, den ich noch übrig
hatte, zusätzlich eingesetzt werden konnte.
4) Der Tubus war zwar schön grün, aber ein bisschen kahl. Hier wollte
ich ein paar
Aufkleber anbringen: Zum einen sollte ein Aufkleber mit dem Schriftzug „Koloss von der
Moss“ angebracht werden, und dann noch ein zweiter mit der Aufschrift „Zu groß und zu
schwer“. Mit fast 20 kg Tubusgewicht ist DIDO nämlich ein ganz schöner Brocken, der erstmal hochgewuchtet werden will. Dann
brauchte das Gerät noch einen
Albireo/S.I.R.E.-Aufkleber und einen mit einer Tabelle, in der die Daten stehen, die mit den verschiedenen Okularen
erzielt werden (Vergrößerung, Gesichtsfeld, Austrittspupille, etc.). Sowas finde ich ganz besonders praktisch.
Also auf ans Reißbrett. Nachdem die letzten
drei Punkte sehr einfach zu
lösen sind, bedarf der Punkt 1) der größten Sorgfalt, sowohl bei der
Planung als auch bei der Ausführung. Die Idee war eine Gabelmontierung,
die nach dem Dobson-Prinzip funktioniert.
Sirena präsentiert sie auf
dem Bild rechts in einer Computersimulation. Man sieht, dass die Gabel
vorne und hinten offen ist, das Teleskop also in der Montierung
„durchschlagen“ kann. Das bedeutet, dass die beiden Gabelarme
nicht wie bei der mitgelieferten Dobsongabel durch eine quer eingebaute
Platte ausgesteift werden. Diese Versteifung musste also komplett nach
außen verlegt werden, und zwar in Form von jeweils zwei senkrechten
Rippen an den Außenflanken der Gabelarme. Auch wenn sie nicht die
Schönste ist, so ist die klassische Dobsonmontierung doch ein
Musterbeispiel für eine optimale Kombination aus Einfachheit und
Effizienz, was spätestens beim zweiten Problempunkt klar wird: Der
Verscherung der beiden Gabelarme zueinander bei Bewegung des Teleskops
in Azimut. Sie wird bei der Dobsonmontierung durch sehr breite Flanken
und eine mehr als 60 cm durchmessende, kreisförmige Grundplatte
unterbunden. Die geplante Gabel des Kolosses ähnelt eher den
Gabelmontierungen bestimmter SC-Teleskope, hat also recht schlanke
Gabelarme. Zudem ist ein Newton viel länger als ein SC, greift also mit
einem viel größeren Moment an den oberen Gabelenden an. Hierdurch, und
das darf als Knackpunkt bei der Planung der Gabel angesehen werden,
tritt eine enorme Verscherung der beiden Gabelarme auf. Wie kann diese
Verformung unterbunden werden? Die Lösung ist
ein „Torsionskasten“ als horizontales Gabelelement. Um aber die aus
der Verscherung der Gabelarme auftretende Torsion aufzunehmen, muss
dieser Kasten allseitig kraftschlüssig umschlossen sein. Zusätzlich
habe ich ihn mit weiteren Rippen, sowohl innen als auch außen,
versehen. Nun konnten auch wesentlich kleinere Drehteller für die
Bewegung in Azimut verwendet werden. Sie sind nur wenig größer als das
mitgelieferte Industrie-Rollenlager. Hier ein paar Bilder aus der
Planungs- und Bauphase:
Die
meisten Teile bestehen aus 18 mm dicken Tischlerplatten, nur die
Stativbeine wurden aus 40 mm dicken Buchenholzrundstäben hergestellt.
Die Stativfüße sind Türstopper aus dem Baumarkt. Alle Elemente der
Gabel wurden verleimt und mit Schnellbauschrauben zusammengeschraubt,
danach geschliffen und zweimal lackiert, einmal mit einem schwarzen
Untergrund und danach mit einem anthrazitfarbenen Hammerschlaglack. Mit
Alu-Sprühlack aus der Dose wurden die Stativbeine „veredelt“. Auf
dem dritten Bild unten sieht man außerdem die Gradskalen an den
Höhenrädern und dem Azimut-Teller, nach denen man ein Objekt am Himmel
sogar nach Horizontalkoordinaten einstellen könnte. Hauptfunktion der
Scheiben auf den Höhenrädern ist aber folgender: Durch die
mitgelieferten Schrauben, mit denen vorher die Bremsfedern befestigt
wurden, werden die Scheiben leicht an die Höhenräder angezogen und
bewirken damit nun ihrerseits, dass der Tubus bei Verwendung schwerer
oder besonders leichter Okulare nicht in Bewegung gerät. Eine
Verbesserung muss ich hier jedoch noch anbringen: Die Azimutskala sollte
auf dem unteren Teller und die Pfeilmarkierung auf dem oberen Teller
sein. Dann würde der Pfeil nämlich immer relativ zum Tubus und damit
auch zum Beobachter stehen.
Die
nächsten Punkte waren einfach: Austausch des 8x50-Suchers gegen einen
6x30-Sucher und Anbringung eines zweiten Sucherböckchens zur Aufnahme
des Leuchtpunktsuchers. Nun
kamen aber noch die vornehmlich optischen Verschönerungen an die Reihe:
Die Aufkleber. Wobei der eine der Aufkleber, die Tabelle mit den
Okulardaten, durchaus eine praktische Sache ist. Man kann dann nämlich
schnell und bequem ablesen, mit welcher Vergrößerung man gerade
beobachtet, wie groß das Gesichtsfeld am Himmel oder das
Auflösungsvermögen ist, oder wie groß gerade die erreichte
Grenzgröße ist. Auf diesem Bepper habe ich dann auch gleich die drei
Logos der Carl-Sagan-Sternwarte, der ALBiREO und der S.I.R.E.
untergebracht. Weniger hilfreich, dafür
aber witziger, sind die übrigen Aufkleber, die den Tubus verzieren
sollen. Auf dem Bild links hält Sirena die Entwürfe in die Kamera. Zur
Erklärung: Die „Moss“ ist ein mooriges Waldgebiet direkt südlich
von Gerolstein. Blickt man aus der Sternwarte also direkt nach Süden,
schaut man also erst einmal über die Moss. Im Hintergrund folgen dann
die beiden enormen Eifelgipfel „Heidkopf“ (575 m) und, rechts davon
und etwas weiter entfernt, „Dietzenley“ (617 m). Dieser Anblick ist
in dem Aufkleber mit dem Schriftzug „Der Koloss von der Moss“
nachempfunden, und genau dieser Aufkleber prangt nun auf beiden Seiten
am hinteren Ende des Tubus. In ihrer linken Hand hält Sirena den
zweiten Aufkleber. Der ist nun allerdings reiner Jux und macht sich
einfach nur darüber lustig, wie ich den schweren Koloss abends keuchend
und polternd aus der Hütte schleppe und dabei Macken in den Türrahmen
schlage. Ist er aber erst mal draußen, kann das Spechteln beginnen, und
mit den technischen Verbesserungen macht das sehr viel Freude. Die
Verstellungen sind leichtgängig und präzise, und die Stabilität der
neuen Gabelmontierung ist in jeder Hinsicht tadellos. Hier noch ein paar
Bilder:
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